Irgendwann habe ich mich dazu entschieden, diesen Blog zu schreiben. Dabei habe ich mir mehr Gedanken um das Wie als um das Warum gemacht. Für mich war wichtig zu wissen, welches Handwerkszeug ich brauche, worüber ich schreiben möchte, wie ich den Blog gestalten und aufbauen möchte und wie ich User gewinnen kann. Nicht aber stellte ich mir die Frage, warum ich all das eigentlich machen möchte. Zwar war mir klar, dass ich einen Ausgleich zu meiner ohnehin anstrengenden Arbeit brauchte und dass meine zahlreichen Interessen außerhalb der Schule irgendwo auch ihren Platz finden sollten, aber warum wählte ich ausgerechnet den Weg als Bloggerin? Denn, da bin ich ganz ehrlich, es ist doch schon etwas fraglich, warum wir so viele Kanäle nutzen, um uns darzustellen, vorzustellen, zu präsentieren und so viel Persönliches von uns preisgeben wollen. Wenn ich meine Blogeinträge plane, dabei Themen auswähle, über die ich gern schreiben möchte, komme ich immer wieder an eine Grenze, an der ich mich frage, ob der geplante Artikel vielleicht doch zu viel über mich sagt, zu sehr ins Private und mein Innerstes geht, ob es sinnvoll ist, die Erfahrungen oder Gedanken in die weite Welt des Internets hinauszuschicken. Hinzu kommt, dass man sich seine User vorstellt und sich fragt: Wollen die das lesen? Lesen sie es, weil es sie interessiert, sie auch betrifft, sie sich in meinen Beiträgen wiederfinden können, oder lesen sie es, um mehr über mich herauszubekommen, mich zu kommentieren, mich einzuschätzen? Kann ich auch vermitteln und Interssse wecken, oder bleibt es bei einem bloßen Vortrag über Dinge, die nur mich allein betreffen, die sich um mich drehen und die ich besser für mich behalten sollte?
Ich erwische mich so oft dabei, wie ich über das Mitteilungsbedürfnis so mancher Jugendlicher und junger Erwachsener schmunzeln muss. Ich kenne so einige, die ihr Verhalten in den sozialen Medien kaum überdenken, sich nicht fragen, wie das eigentlich wirkt, was sie alles über sich posten und preisgeben. Fehlt ihnen wirklich die Sensibilität oder ist es ihnen schlichtweg gleichgültig? Doch woher kommt dieser Drang, ständig alles nach außen tragen zu wollen?
Selbst ich, die lange und immer wieder ihre kristischen Momentchen mit den sozialen Medien hat, kann das Gefühl nicht verhindern, Erlebtes schnell zu teilen, bevor ich es selbst gänzlich aufgenommen und verinnerlicht habe. Hier ein paar klassische Beispiele:
Im Restaurant serviert man dir das bestellte Menü. Vor dir steht ein herrlich angerichtetes Essen. Bevor der Genuss der Augen den des Gaumens erreicht, erstmal ein Foto machen und dieses am besten sofort per WhatsApp verschicken oder für später aufbewahren, wenn man mit seinen Lieben zusammensitzt und vom wunderbaren Essen schwärmt.
Endlich mal allein sein. Endlich ist mal Zeit für dich. Du hast dich zu einem kleinen Spaziergang aufgerafft. Das Schlendern durch den Park macht dich glücklich, du kannst deinen Gedanken nachgehen, dich fallenlassen. Aber allein genießen kann auch schwer sein. Deshalb schnell mal deinen Lieben schreiben, wie gut es dir gerade geht – vielleicht sogar mit einem netten Bild dabei, das dein zufriedenes Lächeln vor der Kulisse der Allee oder die Allee selbst abbildet?! Oh, wie schön! Nun bekommst du zahlreiche Nachrichten zurück – sie alle freuen sich darüber, dass es dir so gut geht und wollen dir dies ebenfalls sofort mitteilen (wenn du Glück hast, dann direkt mit einem weiteren Foto mit ebenfalls einer ähnlichen Schilderung der derzeitigen Situation, in der sich der Absender befindet).
Du stehst inmitten einer begeisterten Menschenmenge bestehend aus Besuchern wie dir, die das einzigartige Konzert der Band „Hier-Würden-Viele-Passen“ erleben. Glücksgefühl pur, geiler Sound, loslassen, tanzen, einfach sein dürfen. Zu schön, um diese Freude allein für sich zu behalten! Die muss dringend geteilt werden. Also, Handy an, Kamera an und einen kleinen Ausschnitt aufnehmen. Egal, wenn die Anderen bereits schon schlafen oder in einer ganz anderen Stimmung sind als du gerade – sie sollen unbedingt jetzt in diesem Moment wissen, wie toll das Konzert ist, wie es dich berührt. Könnte sein, dass die Aufnahme sehr verwackelt ist, der Sound mies, weil zu laut oder schrill, egal. Darum geht es ja auch nicht. Hier geht es um dich und dein momentanes Empfinden, das muss undbedingt jetzt mit anderen geteilt werden. Später davon zu erzählen reicht nicht.
Hier nur die drei Beispiele, die für so viele Momente stehen, in denen auch ich nicht widerstehen kann und immer wieder in die Verlockung komme, schnell teilen zu wollen, bevor ich selbst den Moment in Gänze genossen habe. Psychologen werden sicher ihre Erklärung für ein solches Verhalten haben, die zu kennen, werde ich mir als eines meiner nächsten Ziele vornehmen, doch darum soll es hier nicht unbedingt gehen. Eher möchte ich darüber staunen, mich wundern und fragen dürfen und daraus lernen. Denn es hat ja auch was, das Teilen der schönen Momente, der genialen Gedanken, der zahlreichen Bilder und Eindrücke. Der Reiz daran bereichert uns und ist der Grund für all die schönen Blogs, die wir gerne durchstöbern, in denen wir eigene Leidenschaften wiederentdecken und Inpiration für ein erfüllendes und reiches Leben und Wirken finden. Auch Frau Liebchens Blog ist so entstanden und gewachsen – aus dem Bedürfnis heraus, sich anderen mitzuteilen. Mir ist wohl bewusst, dass ich meine User nicht alle geleichermaßen erreiche und sicher das ein oder andere Mal auch mächtig daneben liege mit dem, was ich unbedingt teilen möchte. Doch welcher Bloggerin geht es wirklich nur um die User? Nein, das ginge auch nicht! Ich kann nicht nur für euch bloggen, das würde schief gehen, ich würde mich verlieren, meinen Bedürfnissen nicht mehr gerecht werden, nur noch teilen, um geben zu können. Ich bin davon überzeugt, dass genau dieses spontane Gefühl sich mitteilen zu wollen, seine Gedanken wiederzugeben, von wunderbaren Momenten erzählen zu wollen, die eigentliche Frucht ist, die den Blog bereichert und erfolgreich macht. Denn solange ich spontan bleibe, von Emotionen getrieben, mache ich es noch für mich. Wenn ich zu lange überlege, wie das, was ich schreibe, wirken mag, ob andere mich verstehen werden, wie meine Rezepte, Bilder und Gedanken wohl ankommen, dann werden meine Beiträge schnell aufgesetzt wirken, leer, ohne Persönlichkeit, produziert, aber nicht gefühlt und gelebt.
Also blogge ich wohl genau deshalb: Obgleich ich mir dessen bewusst bin, dass ich den Moment des Innehaltens und Für-Sich-Genießens aufgebe, geht es mir gut damit, meine Ideen, Eindrücke und Gedanken mit euch zu teilen und so mein kleines Glück festzuhalten und im gleichen Moment weiterzutragen. Das macht mich glücklich.
Und es muss ja nicht heißen, dass ich trotzdem beim ein oder anderen Spaziergang mein Handy mal ganz bewusst zu Hause lasse und für mich genießen, nur für mich….!