Ja, aber man muss mich doch auch mal verstehen.
Ja, aber ich könnte doch auch was anderes stattdessen machen.
Ja, aber meinst du nicht…?
Schon wieder. Ich unterhalte mich mit Frau Liebchens Beste und es geht mal wieder um die wirklich wichtigen Dinge im Leben. Und da fällt es mir wieder auf: Ständig sagt eine von uns dieses magische „Ja, aber …“.
Warum eigentlich? Ist es so schwer, eine Aussage einfach mal so stehen zu lassen? Das JaAber ist das Mittel gegen eindeutige Aussagen, eindeutige Gefühle und Entscheidungen. Würde ich es weglassen, stünde ein Satz ganz allein da. Er hätte eine enorme Aussagekraft, eine, die ich vielleicht kaum aushalten könnte. Klassiker: „Ich kann ihn ja verstehen …“ (wahrscheinlich geht es gerade um Herrn Liebchen und den Liebsten von Frau Liebchens Bester) – hier käme jetzt eigentlich das typische JaAber im Anschluss: „Ich kann ihn ja verstehen, aber er muss doch/ er könnte doch/ er hat doch …“ Und jetzt einfach mal ohne: „Ich kann ihn verstehen!“ Wow, das haut rein! Es hat eine ganz andere Tragweite und drängt sämtliche Zweifel, Einschränkungen und vor allem negative Äußerungen direkt in den Hintergrund. Würden Frau Liebchens Beste und ich unsere Unterhaltungen nur noch ohne das JaAber führen, hätten sie eine ganz andere Färbung.
Ja, aber will man das? Denn, das JaAber hat ja auch noch eine andere Seite. Bestes Beispiel, ähnlicher Gesprächsanlass:
Frau Liebchen: „Findest du nicht auch, er könnte da ein bisschen mehr auf meine Bedürfnisse eingehen?“
Frau Liebchens Beste: „Ja, aber du musst ihn auch mal verstehen. Er geht schon ziemlich viel auf dich ein, aber vielleicht nimmst du es nicht immer wahr.“
Oder:
Frau Liebchens Beste: „Momentan ist alles echt ein bisschen viel. Ständig kommen neue unangenehme Überraschungen.“
Frau Liebchen: „Ja, aber dafür erlebst du gerade auch ganz viel Neues und Spannendes. Es ist also nicht alles blöd.“
Das JaAber kann also auch aufmuntern, neue Perspektiven ermöglichen, zum Umdenken anregen, Mut machen und verhindern, dass man sich total verrennt oder in eine Sache verbohrt. Mir tut es gut, wenn Frau Liebchens Beste und auch andere Freunde oder der Partner mir manchmal das JaAber wie einen Spiegel vorsetzen, damit ich meine Meinung nochmal neu überdenken kann. Das bedarf natürlich einer schon recht aufgeschlossenen und vertrauten Beziehung, denn auch ich wäre vorsichtiger mit dem JaAber bei Personen, die ich weniger gut einschätzen kann, bei denen ich nicht weiß, ob sie den Spiegel annehmen wollen und verstehen, dass es ihnen helfen könnte, aus ihren Gedankenkonstrukten auszubrechen. Deshalb erlebe ich es als ein Geschenk zu wissen, dass meinen Liebsten das JaAber gelingt und sie mir so noch näher sind, indem sie mir zeigen, dass sie zwar nicht alles gutheißen, was ich von mir gebe und mich nicht in allem unterstützen, aber bei mir sind, mich beim Umdenken begleiten, mit mir zusammen nach neuen Wegen suchen. Ich versuche, ihnen das mit meinen JaAbers auch mitzugeben und manchmal gelingt es mir hoffentlich…
So hat das JaAber zwei Seiten. Zum Einen schränkt es jeden zuvor ausgesprochenen Gedanken sofort wieder ein, schwächt starke Sätze ab, macht eine Ambivalenz und Unsicherheit deutlich. Zum Anderen hilft es uns, verworrene und scheinbar ausweglose Gedankenknoten wieder zu lösen und das eigene Meinungsbild wieder für Anderes und Neues zu öffnen.
Ich mag das JaAber, es kann so wunderbar sowohl zu „Alles ist doof“-Gesprächen als auch zu „Es wird schon“-Gesprächen beitragen und erfüllt damit beide Bedürfnisse von uns: Ich will einfach mal nur motzen und ich will selbst etwas zur Veränderung betragen. Und das alles mit nur zwei Worten, wunderbar!