Bei einem gemütlichen Abend mit lieben Freunden bin ich heute in die Geschichte einer ganz besonderen Familie eingetaucht.
In dem Film „Captain Fantastic“ lernt ihr einen Vater kennen, der danach strebt, sich und seinen Kindern das „sinn-vollste“ Leben zu ermöglichen, indem er sie außerhalb der Zivilisation und mit nur wenig Kontakt zur Außenwelt selbst unterrichtet, Ihnen ein Leben in der Wildnis der Wälder zeigt, sie zu mündigen, wissbegierigen, selbstbewussten, freien und fröhlichen Menschen erzieht. Die Kinder nehmen all diese Anreize auf, Leben im Einklang der Natur und passen sich den gegebenen Lebensumständen auf ihre individuelle Arte und Weise an. Zunächst scheint dieses für uns ja doch sehr fremde Leben als eins der schönsten. Die Kinder wirken losgelöst, befreit von Zwängen, gehen achtsam und respektvoll miteinander um und jedes scheint seinen Interessen dort draußen im Wald nachgehen zu können. Die Großen lesen die namhaften Philosophen rauf und runter, die Kleinen entdecken spielend und forschend ihr Umfeld und saugen alles Wissen auf, was der Vater und ihre Geschwister ihnen vermitteln. Bei täglichen Touren durch die Wildnis des Waldes trainieren sie ihre Ausdauer, messen ihre Kräfte, lernen sich zu verteidigen und zu jagen. Abends am Lagerfeuer machen alle zusammen Musik und auch da, jedes Kind, so wie es kann und möchte. Es hat den Anschein, als fehle den Kindern an nichts. Der Vater (übrigens ein großartiger Viggo Mortensen!) geht liebevoll aber bestimmt mit ihnen um. Schnell wird klar, dass er zwar das Sagen in der Familie hat, die Kinder ihn aber achten und wertschätzen, was er ihnen beibringt, wie er mit ihnen umgeht.
Dass dieses Leben fernab der von Konsum geprägten Gesellschaft, den Einflüssen der Medien und dem Lebensstil der Spaßgesellschaft da draußen auch seine Grenzen hat, fragt man sich erst später, dann, wenn das scheinbar harmonische Leben der Familie so ganz plötzlich in Frage gestellt wird, weil es äußere Faktoren beeinflussen. So kommt der sonst so kontrolliert und in sich ruhende Vater irgendwann an seine Grenzen, spätestens, als sich seine psychisch kranke Frau suizidiert und er im Zuge der Organisation der Beerdigung nach längerer Pause auf die Schwiegereltern trifft, die so ein ganz anderes Leben führen als er und seine Kinder. Der Vater, der bisher immer zu wissen schien, was seinen Kindern gut tut, gerät ins Wanken und wird von seiner eigenen Geschichte, seinen Gefühlen und dem Druck, der von der Familie seiner verstorbenen Frau ausgeht, auf die Probe gestellt. Zwar erleben wir viele heitere und auch urkomische Szenen, in denen die Welt der Kinder und die der Verwandten und der restlichen Zivilisation aufeinanderprallen, aber im Vordergrund steht auch die Tragik, die diese Geschichte der Familie mit sich bringt: Der Entschluss, den Vater und Mutter einst gefasst haben, anders zu leben, bewusster, im Einklang mit der Natur, im Verlassen auf die eigenen Kräfte und das Wissen, dass die Natur alles hat, was der Mensch braucht, dieser Entschluss hat die Familie zerrissen, Großeltern von ihren Kindern und Enkelkindern getrennt und somit viel Schmerz verursacht. Die Kinder, die ja eigentlich frei sein sollten, merken nach und nach, wie eng und kontrolliert doch ihr Leben „da draußen“ ist, wie bestimmend der Vater mit all seinen Idealen ist, wie wenig auch sie, die doch so viel lesen und so viele Erfahrungen gesammelt haben, vom Leben wissen. Zwangsläufig muss sich nun jeder und vor allem der Vater mit der Frage auseinandersetzen: Wie wollen wir leben? Wie werden wir glücklich? Was brauchen wir?
Am Ende findet die Familie einen schönen Weg, einen, den nicht nur der Vater, sondern ebenso die Kinder wählen. Diese Weite und Offenheit, die somit entsteht, macht den Film schließlich zu dem, was er ist: eine ganz besondere Geschichte – einfühlsam, spannend und lustig erzählt -, die Mut macht, Neues auszuprobieren, über eigene Ideale und Grenzen nachzudenken, sich auf das Wesentliche im Leben zu besinnen und dabei trotzdem nicht die Freude und den Spaß zu vergessen.
Lohnenswert!
Bildmaterial: Universum Film GmbH (www.captain-fantastic-film.de), Stand 13.2.2018.